Die Anwendungseignung aktueller Milchprogesteron-Schnelltests für Rinder im Vergleich zu einer laborgebundenen Routinemethode

A. Sobiraj (1), K. Seyrek-Intas (2), B. Wollgarten (1), B. Taday (1)

Aus der (1) Ambulatorischen und Geburtshilflichen Veterinärklinik der Justus-Liebig-Universität Gießen und der (2) Klinik für Geburtshilfe und Gynäkologie der Veterinärmedizinischen Fakultät an der Uludag-Universität Bursa (Türkei)

Schlüsselwörter: Rind – Milchprogesteron-Schnelltest – Vergleichstest – Laborgebundener Progesteron-EIA

(Tierärztliche Praxis 1995, 23: 32–36)

Zusammenfassung: Vier handelsübliche Milchprogesteron-Schnelltests für Rinder wurden einer Überprüfung unterzogen. Als Referenz diente neben dem klinisch-gynäkologischen Status der Tiere die Durchführung eines laborgebundenen Enzym-Immuntests. Hierzu wurden Milchproben von 23 brünstigen Milchkühen, von 18 Tieren im Progesteron-Zwischenbereich zwischen Tag 3 und Tag 6 post inseminationem sowie von 26 graviden Rindern entnommen. Die folgenden Schnelltests wurden überprüft: Cowside rapid tube kit (Test 1), Hormonost®-Schnelltest Milch (Test 2), Hygia® Diagnostic RPT Progesteron Test (Test 3) und Target® Milch-Progesteron-Schnelltest (Test 4). Klinisch-gynäkologischer Status der Tiere und die quantitativen laborgebundenen Progesteronwerte stimmten lückenlos überein.

Demgegenüber wies die Trefferquote der Schnelltests schlechtere Resultate auf: Test Nr. 1 erzielte ein Gesamtergebnis über alle Proben von 81%, Test 2 erreichte 91%, Test 3 73,5% und Test 4 69,5%. Bei den Milchproben der brünstigen Tiere unterschieden sich die Tests zum Teil erheblich. Die schlechtesten Ergebnisse wurden bei den Milchproben aus dem Progesteron-Zwischenbereich erzielt. Zufriedenstellend schnitt für diesen kritischen Meßbereich nur Test 2 ab. Hohe Progesterongehalte in den Milchproben wurden von allen vier Tests am besten richtig erkannt.

Key words: Dairy cows – Rapid milk progesterone assays – Laboratory-bound method (EIA) – Comparison of accuracy

Summary: Accuracy of current rapid milk progesterone assays in comparison with a laboratory bound test

Four current commercially available rapid milk progesterone assays (Cowside rapid tube kit [test No. 1], Hormonost®-Schnelltest Milch [test No. 2], Hygia® Diagnostic RPT Progesteron Test [test No. 3] and Target®-Milch-Progesteron-Schnelltest [test No. 4]) for dairy cows were tested for their accuracy in comparison with the gynecological status an the one hand and by using an approved quantitative laboratory-bound assay an the other hand. Milk samples were taken from 23 dairy cows with behavioural oestrus. From 18 species with expected intermediate levels of progesterone milk probes were taken between day 3 and day 6 Post Insemination and also from 26 gravid cows. The clinically established gynecological status of the dairy cows correlated completely with their milk progesterone values investigated with the laboratory-bound EIA. In contrast the accuracy levels of the rapid progesterone kits differed. The accuracy of test No. 1 was 81% regarding all milk probes, whereas test No. 2 achieved 91%, test No. 3 73.5% and test No. 4 only 69,5%. Milk samples yielding low progesterone levels partly showed big differences. The highest rates of false semiquantitative classifications were recorded in milk samples with intermediate progesterone values. Test No. 2 was the only one with satisfactory results in this range. Milk samples yielding high progesterone values proved to be the best in all four assays.

Einleitung

Die beim Rind in der Milch oder im Blutserum meßbaren Konzentrationen an Progesteron sind davon abhängig, ob ein Corpus luteum am Ovar vorhanden ist, und bezüglich der Höhe der Meßwerte, von dessen Funktionszustand. Daher kann die Progesteronmessung als wertvolles Hilfsmittel, aber niemals als Ersatz für die klinische Diagnostik in der Rindergynäkologie für verschiedenste Fragestellungen mit herangezogen werden (10, 16).

Erste Progesteronnachweismethoden sind zunächst auf adioimmunologischer Basis (Radio-Immuno-Assays = RIA) entwickelt worden und haben aufgrund ihrer methodischen Exaktheit für spezifische Fragestellungen unverändert ihren hohen Stellenwert (8, 11–14, 20, 21). Limitierend, und damit von Nachteil für eine weite Verbreitung der Labors und somit auch der Methodik, sind die strengen Auflagen, die wegen des Umgangs mit radioaktiv markiertem Material zwangsläufig bestehen. Mit der Schaffung von Progesteronbestimmungsmethoden auf enzymimmunologischer Grundlage (Enzym-Immuno-Assays = EIA) wurde diesbezüglich eine deutliche Erleichterung geschaffen, ohne daß die Meßgenauigkeit darunter maßgeblich gelitten hätte (1, 2, 3, 5, 14, 15, 21). Schließlich gelang es über Modifikationen des EIA-Reaktionsprinzips sogenannte Progesteron-Schnelltests, auch als „Stallgassentests“ oder „On-Farm-Tests“ bezeichnet, zu entwickeln. Sie haben, wie der Name sagt, ihren Vorteil vor allem darin, daß die Milch- oder Blutserumproben nicht mehr an ein Untersuchungslabor geschickt werden müssen, sondern unter erheblicher Zeitersparnis direkt vor Ort vom Tierarzt oder vom Landwirt selbst durchgeführt und zumindest semiquantitativ interpretiert werden können. Eine Vielzahl von Publikationen hat sich mit der Verläßlichkeit dieser Schnelltests befaßt, wobei die Ergebnisse unterschiedlich lauten: Manche Autoren propagierten die Progesteron-Schnelltests als echte Alternative zu den zeitaufwendigeren Labormethoden (6, 7, 17, 19, 20, 22, 26), andere wiederum bemängelten eine nicht unerhebliche Ungenauigkeit der Schnelltests (9, 18, 23, 27). Auch eigenen Untersuchungen zufolge mußten die Progesteron-Schnelltests der „ersten Generation“ als nicht ausreichend sicher eingestuft werden (4, 24). Eine Bestätigung der Richtigkeit der damaligen Aussagen kann wohl in dem Umstand gesehen werden, daß diese Tests in Deutschland schon lange nicht mehr erhältlich sind. Ähnlich erging es einigen in der Zwischenzeit entwickelten, aber schon wieder vom Markt genommenen Handelspräparaten.

Grund genug, die derzeit erhältlichen ProgesteronSchnelltests einer neuerlichen Oberprüfung zu unterziehen, um festzustellen, ob eine Weiterentwicklung zu verzeichnen ist. Teilergebnisse hieraus sind bereits an anderer Stelle publiziert worden (25), allerdings wurde der Probenumfang für die hier vorgelegten Untersuchungsergebnisse nochmals erweitert und ein zusätzlicher Schnelltest überprüft.

Material und Methoden

Versuchstiere und Milchproben

a) Niedriger Progesteronbereich
Progesteronwerte unter oder am Rande der Nachweisgrenze der Testverfahren treten bei normozyklischen Tieren um den Zeitraum der Brunst während einer durchschnittlichen Zeitspanne von vier bis fünf Tagen auf (Tag 18 oder 19 des Zyklus bis Tag 2 oder 3 post ovulationem). Um keine Zwischenwerte oder gar hohe Progesteronwerte zu erhalten, wurden nur Milchproben von brünstigen Rindern gewonnen, die bei der rektalen Untersuchung eine tonisierte Gebärmutter und den sichtbaren Abgang von klarem Brunstsekret aufwiesen.
Anzahl der Tiere/Milchproben: 23;
erwartete Progesteronwerte: zwischen >0 und 2,5 ng/ml Milch.

b) Progesteron-Zwischenbereich
Bei normozyklischen Rindern fällt die Progesteronkurve ab etwa Tag 18 bis zum Erreichen des Nullniveaus zu Brunstbeginn kontinuierlich ab. Ab Tag 3 bis 6 post ovulationem ist über einen kontinuierlichen Wiederanstieg der Progesteronwerte ebenfalls mit Zwischenwerten zu rechnen. Charakteristisch ist demnach für diese Zeiträume, daß die Progesteronkonzentrationen deutlich unter den Werten liegen, wie sie bei einem vollständig endokrin tätigen Corpus luteum periodicum oder graviditatis gemessen werden können, aber gleichzeitig deutlich über den Brunstwerten liegen. Richtig erkannte Progesteron-Zwischenwerte in einer Milchprobe lassen demnach beispielsweise die Entscheidung darüber zu, ob sich eine Kuh, vom Tierbesitzer zur künstlichen Besamung angemeldet, entweder noch nicht oder nicht mehr in der Brunst befindet, beziehungsweise, wenn die Probe drei Wochen nach einer Insemination untersucht wird und ein Zwischenwert das Ergebnis ist, daß das Tier mit Sicherheit nicht oder nicht mehr intakt trächtig ist oder war. Im Test wurden ausschließlich Milchproben von Kühen zwischen Tag 3 und 6 post inseminationem eingesetzt, um den Progesteron-Zwischenbereich auch sicher zu treffen.
Anzahl der Tiere/Milchproben: 18;
erwartete Progesteronwerte: zwischen 3 und 9 ng/ml Milch.

c) Hoher Progesteronwert
Hohe, den Zwischenbereich deutlich überschreitende Progesteronwerte sind bei normozyklischen Rindern während der Blütephase eines Corpus luteum periodicum (Tag 8 bis 14 bei nichtträchtigen Tieren) und natürlich ab Tag 8 post inseminationem mit Konzeption und bei späterer Gravidität zu erwarten. Die für die Tests eingesetzten Milchproben stammten ausschließlich von trächtigen Kühen (7. Woche bis 7. Monat post inseminationem).
Anzahl der Tiere/Milchproben: 26;
erwartete Progesteronwerte: größer als 9 ng/ml Milch.

Testdurchführung

Die Milchproben wurden entsprechend der jeweiligen Gebrauchsanweisung aus dem Anfangs- oder Endgemelk genommen und sofort anschließend mit Zahlencodes versehen, damit während der eigentlichen Testdurchführung ein Rückschluß vom gynäkologischen Status des Tieres auf das zu erwartende Progesteronergebnis nicht möglich war.

Die Schnelltests wurden entweder noch am selben Tage oder nach maximal 24stündiger Lagerung der Milchproben bei +4 °C durchgeführt.

Jeweils eine Fraktion jeder Milchprobe wurde umgehend und ebenfalls unter Verschlüsselung an ein für die routinemäßige Progesteron-Bestimmung eingerichtetes Labor geschickt und dort mittels Enzym-Immuno-Assay (Milchlabor der Besamungsstation Herbertingen, Test: Hormonost® Progesteron EIA) bestimmt.

Die Schnelltests wurden bewußt nicht von laborgeschultem Personal angesetzt und interpretiert, sondern von „Laienhand“ durchgeführt, um praxisnahe Konditionen zu schaffen.

Bei der Testdurchführung wurden zunächst die Gebrauchsinformationen auf deren Übersichtlichkeit, Verständlichkeit und auf die in ihnen enthaltenen Zusatzinformationen überprüft.

Die Milchproben wurden zum Teil mehrmals, dann in geänderter Reihenfolge, für die Schnelltests eingesetzt. Außerdem wurde jedes Einzelergebnis nicht nur von einer Person, sondern von vier Testern gleichzeitig, aber unabhängig voneinander beurteilt und das Farbergebnis, der jeweiligen Testvorschrift folgend, zugeordnet.

Die folgenden Testkits wurden überprüft (Nennung in alphabetischer Reihenfolge): Cowside rapid tube kit 1, Hormonost®-Schnelltest Milch 2, Hygia® Diagnostic RPT Progesteron Test 3 und Target®-Milch-Progesteron-Schnelltest 4.

Ergebnisse und Diskussion

Gebrauchsinformationen

Die Testvorschriften beim Hygia®- und Target®-Test fallen sehr knapp aus. Beim Cowside-rapid-tube-kit und beim Hormonost®-Schnelltest sind die Gebrauchsinformationen exakt und sehr ausführlich, was ihre Übersichtlichkeit nicht negativ beeinflußt. Alle präsentierten Informationen sind verständlich aufgebaut und enthalten inhaltlich zumindest keine groben Fehlaussagen.

Anwenderfreundlichkeit und Testdauer

Auch dem Ungeübten fällt die Durchführung der Tests nicht schwer. Einige Pipettierschritte bedürfen aufgrund genau einzuhaltender Tropfenzahlen sicherlich gewisser Übung, können aber problemlos erlernt werden. Empfehlenswert ist die Verwendung einer Uhr mit Sekundenzeiger, weil einige der Reaktionsschritte kurz und gleichzeitig exakt einzuhalten sind.

Die durchschnittliche Testdauer war mit 14–16 min für alle geprüften Produkte weitgehend gleich. Damit verdienen alle vier Produkte zu Recht die Bezeichnung Schnelltest, die noch bei ihren Vorgängern mit Testzeiten von zum Teil länger als einer Stunde nicht gerechtfertigt war. Um eine ausreichende Haltbarkeit der Testsubstanzen gewährleisten zu können, ist es erforderlich, die Packungen bis zu ihrer Benutzung im Kühlschrank zu lagern. Die Testdurchführung darf allerdings erst dann vorgenommen werden, wenn sowohl die Milchproben als auch die Testreagenzien Zimmertemperatur haben. Deshalb ist eine „Vorwärmzeit“ von 20–30 min notwendig, die allerdings auf die Testdauer nicht mit angerechnet worden ist.

Ablesbarkeit der Ergebnisse

Cowside-, Hormonost®- und Hygia®-Test arbeiten mit mitgelieferten Ständern und Reagenzröhrchen, in denen Farbreaktionen unterschiedlicher Blaufärbung entstehen. Die Intensität der Blaufärbung steht vom Reaktionsprinzip her grundsätzlich in negativer Korrelation zum Progesterongehalt in der jeweiligen Probe. Die Zuordnung der Milchproben) erfolgt über den Farbvergleich mit einer parallel angesetzten Kontrolle. In den drei erwähnten Tests wurde die Kontrolle auf einen Progesteron-Zwischenwert eingestellt, so daß eine intensivere Blaufärbung der Testmilchprobe auf niedrigen Progesterongehalt (zum Beispiel Brunst) hindeutet, eine hellere Farbe im Testansatz dagegen auf einen hohen Progesteronwert schließen läßt. Bei Farbgleichheit zwischen der Kontrolle und der Testmilchprobe ist der Progesteron-Zwischenbereich getroffen. Lagen bei der Testdurchführung deutliche Farbunterschiede zwischen Proben und Kontrollen vor, konnten die Zuordnungen problemlos vorgenommen werden und wiesen dann auch zwischen den Testern keine Unterschiede auf. Waren die Farbunterschiede zwischen der Kontrolle und der Test-Milchprobe nicht auf den ersten Blick eindeutig, fiel den Prüfern die Zuordnung beim Hygia®-Test schwerer als beim Cowside- und Hormonost®-Schnelltest. Dabei machte sich dann das individuell verschiedene Farbempfinden jedes einzelnen bemerkbar: So wurde beispielweise eine Probe von einer Person als Zwischenbereich, von einer anderen Person dagegen als Brunst eingestuft.

Der Target®-Test benutzt für den Reaktionsablauf Plastikbecher, die mit einem Fließpapier überspannt werden. Die Farbreaktion ist dann als kreisrunde Blaufärbung in der Mitte des Fließpapiers abzulesen und entsprechend zuzuordnen. Während in älteren Chargen eine Kontrollösung mit niedrigem Progesteronwert (Brunstkontrolle) mitgeliefert wurde, die laut Gebrauchsinformation jedoch nur von Ungeübten, erstmalig mit dem Test Arbeitenden benutzt werden soll, wird in neueren Chargen gänzlich auf eine Kontrollösung verzichtet. Eine Zuordnung des Testergebnisses ist lediglich über den Vergleich mit einer Farbmarkierung in der Gebrauchsinformation möglich. Hätten wir die Farbmarkierung in der Gebrauchsinformation als Brunstwert gesetzt, wäre nicht eine einzige Testmilchprobe als eindeutiger Brunstwert eingestuft worden. Ein vergleichbar leuchtendes Blau des Farbkreises wie in der Testvorschrift wurde nämlich nie erzielt, vielmehr unterschieden sich die durchweg wäßrig-blauen Kreise (farblose Testergebnisse ausgenommen) farblich nur um Nuancen, so daß den Testern eine sichere Zuordnung zur Brunst oder zum Progesteron-Zwischenbereich deutlich schwerer fiel als bei den Konkurrenzprodukten.

Resultate

Ergebnisse der Laborwerte
Nach Erhalt der Progesteronwerte aus dem Untersuchungslabor wurden die Ergebnisse mit den klinischen Befunden der Tiere verglichen. Es ergab sich eine lückenlose Übereinstimmung. Das ist ein Ergebnis, das die Zuverlässigkeit der Labormessung nur unterstreicht, in praxi aber mit dem unvermeidbaren Handicap verbunden ist, daß vom Zeitpunkt der Milchprobenentnahme bis zur Kenntnis des Ergebnisses wegen der erforderlichen Probeneinsendung unvermeidlich ein bis zwei Tage vergehen.

Schnelltest-Ergebnisse
Die Schnelltests reichten in ihrer Genauigkeit nicht an das Ergebnis der laborgebundenen Progesteronbestimmungen heran (Tab. 1).

Tab. 1: Vergleich von vier handelsüblichen Milchprogesteron-Schnelltests für Rinder

Test-
Bezeichnung

Gebrauchs-
information

Handhabung;
Ablesbarkeit der Farbreaktion

Trefferquoten (%)

Cowside

umfangreich, gut verständlich, inhaltlich exakt

gut;
Ablesbarkeit gut

über alles:

81,0

Progesteron niedrig:

91,3

Zwischenbereich:

43,5

Progesteron hoch:

98,7

Hormonost®

umfangreich, gut verständlich, inhaltlich exakt

gut;
Ablesbarkeit gut

über alles:

91,0

Progesteron niedrig:

98,5

Zwischenbereich:

74,1

Progesteron hoch:

96,2

Hygia®

kurz, gerade noch ausreichend, inhaltlich mit kleinen Fehlern

gut;
Ablesbarkeit nicht immer einfach

über alles:

73,5

Progesteron niedrig:

73,2

Zwischenbereich:

60,2

Progesteron hoch:

83,3

Target®

kurz, gerade noch ausreichend, inhaltlich mit kleinen Fehlern

gut;
Ablesbarkeit überwiegend nicht einfach

über alles:

69,5

Progesteron niedrig:

56,5

Zwischenbereich:

61,1

Progesteron hoch:

87,2

Die Prozentsätze über alle im Test eingegangenen Milchproben erreichten 81% richtige Zuordnungen für den Cowside-Test, 91% beim Hormonost®-, 73,5% beim Hygia®- und 69,5% beim Target®-Test.

Weitaus wichtiger als das Gesamtergebnis ist die Trefferquote innerhalb der drei verschiedenen Progesteronbereiche: Bei den Milchproben während des Östrus der Rinder traten große Unterschiede zwischen den Schnelltests auf: So wurden mit dem Target® nur 56,5% der Brunstwerte richtig erkannt. Das erklärt sich nicht nur durch die dem menschlichen Auge schwerfallende Differenzierung zwischen „ein bißchen blau“ und „stärker blau“, sondern es waren beispielsweise auch Östrus-Milchproben dabei, die mit dem Target® als hohe Progesteronwerte eingestuft worden sind! Mit dem Hygia®-Test wurden nur 73,2% der Brunstwerte richtig erkannt, eine Trefferquote, die ebenfalls als nicht ausreichend bezeichnet werden muß. Auch hier fielen einzelne Milchproben auf, die laut klinischem Befund und Laborwert von eindeutig brünstigen Kühen stammten, aber im Schnelltest keine Blaufärbung erkennen ließen, demnach völlig falsch eingestuft worden sind. Wir haben keine Erklärung für diese erheblichen Abweichungen. Wohltuend heben sich im Vergleich dazu sowohl der Cowside-Test als auch der Hormonost®-Schnelltest ab, mit denen 91,3% bzw. 98,5% der Brunst-Milchproben richtig erkannt worden sind. Bei Milchproben, die Progesteronwerte im Zwischenbereich aufwiesen, müssen die Schnelltestergebnisse mit einer Ausnahme als nicht zufriedenstellend bezeichnet werden: Mit richtigen Zuordnungen zwischen 43,5% (Cowside), 60,2% (Hygia®) und 61,1% (Target°) fallen die Trefferquoten zwar besser aus als bei den ersten auf dem Markt erhältlichen Produkten – sie variierten seinerzeit zwischen 42 und 53% richtigen Zuordnungen –, lassen aber noch zu wünschen übrig. Lediglich der Hormonost®-Schnelltest erreicht mit 74,1% richtig erkannten ProgesteronZwischenwerten ein zufriedenstellendes Ergebnis. Zugegebenermaßen sind die Übergänge zwischen „Nochnicht-Brunst“, „Brunst“ und „Nicht-mehr-Brunst“ in der meßbaren Progesteronkonzentration zum Teil minimal und daher mit Sicherheit nicht einfach in Testsystemen wie den vorliegenden umsetzbar. Möglicherweise ist die Differenzierung durch das menschliche Auge (im Gegensatz zu einem Photometer) zu ungenau, da sich die Farbintensitäten zum Teil offenbar nicht mehr erkennbar vom Brunstwert unterscheiden. Die Aufforderung der Gebrauchsinformationen, bei Erhalt eines Testergebnisses „Zwischenbereich“ einige Tage später nochmals eine Milchprobe von demselben Tier zu nehmen und den Test zu wiederholen, ist natürlich empfehlenswert und sinnvoll, da es der Feststellung dient, in welche Richtung sich der Zyklus des Tieres im Anschluß bewegt hat. Dabei ist allerdings eine zutreffende Interpretation bereits beim ersten Testansatz unbedingte Voraussetzung. Als gut bis sehr gut ist bei allen vier Tests die Trefferquote für Milchproben, die hohe Progesteronkonzentrationen enthielten, zu bewerten. Hier variieren die richtigen Zuordnungen zwischen 98,7% (Cowside) 96,2% (Hormonost®), 87,2% (Target®) und 83,3% (Hygia®).

Schlußfolgerungen

Die vier hier überprüften Milchprogesteron-Schnelltests sind auch von Ungeübten leicht zu handhaben. Sie führen die Bezeichnung „Schnelltest“ bei einem Zeitaufwand von einer Viertelstunde zu Recht. Die Gebrauchsinformationen sind gut verständlich und ausreichend ausführlich. Hinsichtlich der Zuverlässigkeit in der Aussage kommen wir zu einer differenzierten Beurteilung: Die richtige Erkennung hoher Progesteronwerte erfüllte überwiegend die an die Tests zu stellenden Anforderungen. Brunstwerte wurden dagegen nur von zwei Tests sicher genug erkannt, während die Trefferquoten bei den beiden Konkurrenzprodukten in unserer Überprüfung doch zu wünschen übrig ließen.

Im Progesteron-Zwischenbereich haben sich im Vergleich zu Testkits der „ersten Generation“ die deutlichsten Verbesserungen ergeben. Dennoch sind die Resultate mit Ausnahme des Hormonost®-Schnelltests als nicht sicher genug zu bezeichnen. Die Progesteron-Schnelltests unterschieden sich bezüglich ihrer Stärken und Schwächen. Es kann allerdings eine eindeutige Reihung vorgenommen werden: Am besten schnitt der Hormonost®-Schnelltest ab. Als nächste sind der Cowside-Test und der Hygia®-Test zu nennen. Der Target®-Test erfüllte sein Soll bei hohen Progesteronwerten, ließ in den anderen Bereichen jedoch erhebliche Ungenauigkeiten erkennen. Verglichen mit der Verläßlichkeit eines laborgebundenen Progesterontests stellen die Schnelltests noch immer keinen vollwertigen Ersatz dar. Sie haben sich diesem Ziel in der Zwischenzeit aber ganz erheblich genähert. Für den Vorteil eines durchweg schneller verfügbaren Ergebnisses muß der Anwender als Kompromiß derzeit immer noch einen Nachteil an Zuverlässigkeit in Kauf nehmen.

LITERATUR

1. Arnstadt K-I, Cleere W F. Enzyme-immunoassay for determination of progesterone in milk farm cows. J Reprod Fert 1981; 62: 173–80.

2. Arnstadt K-I, Fischer-Arnstadt A-R. Progesteronbestimmung als Hilfsmittel der Brunstkontrolle. Tierärztl Umschau 1985; 40: 391–400.

3. Arnstadt K-I, Schmidt-Adamopoulou B. Direct enzyme-immuno assay for determination of progesterone in milk from cows. Br Vet J 1982; 138: 436–8.

4. Arnstadt K-I, Sobiraj A, Scheibner R. Progesterontests für die Praxis – Was sie können, was sie kosten. Top Agrar 1987; R24–6.

5. Claus R, Münster E, Dehnhard M. Oberprüfung der Anwendbarkeit eines Mikrotiter-Enzymimmuntests für Nachgemelk zur Fruchtbarkeitsanalyse bei der Kuh. Zuchthyg 1985; 20: 54–60.

6. Davies J, Fletcher A, Newstead R A. Evaluation of an enzyme immunoassay kit for the qualitative assessment of progesterone in bovine milk samples. Vet Rec 1987; 120: 206–7.

7. Dionysius D A. Pregnancy diagnosis in dairy goats and cows using progesterone assay kits. Austr Vet J 1991; 68: 14–6.

8. Günzler O, Müller S, Claus R, Karg H, Pirchner F. Analyse zu Fortpflanzungsproblemen bei Kühen mit Hilfe der Progesteronbestimmung im Milchfett. Zuchthyg 1982; 17: 193–202.

9. Hoedemaker M, Held Th. Progesteronbestimmung in der Milch und im Blutserum von Kühen mit einem Enzymimmuntest ohne vorherige Extraktion auf Mikrotiterplatten und -teststreifen. Prakt Tierarzt 1985; 66: 878–84.

10. Hoedemaker M, Held Th, Grunert E. Einsatzmöglichkeiten des Progesterontests zur Diagnose ovariell- und uterusbedingter Sterilitätsformen des Rindes. Prakt Tierarzt (Collegium Veterinarium XVI) 1986; 67: 25–30.

11. Hoffmann B, Hamburger R. Progesteron in der Milch: Radioimmunologische Bestimmung, Beziehungen zur Gelbkörperfunktion und Milchfettkonzentration. Zuchthyg 1973; 8: 154–62.

12. Hoffmann B, Hamburger R, Günzler O, Korndorfer L, Lohoff H. Determination of progesterone in milk applied for pregnancy diagnosis in the cow. Theriogenology 1974; 2: 21–8.

13. Hoffmann B, Günzler O, Hamburger R, Schmidt W. Milk progesterone as a parameter for fertility control in cattle, methodological approaches and present status of application in Germany. Br Vet J 1976; 132: 469–76.

14. Küster J, Holtz W. Progesteronbestimmung in Kuhmilch: Vergleich der Ergebnisse des RIA-Milchfett- und EIA-Direkttests sowie eine Qualitätskontrolle des EIA-Direkttests. Zuchthyg 1985; 20: 34–40.

15. Losert J, Landmann D, Küster J, Holtz W. Vergleich zweier Enzymimmunoassays zur Progesteronbestimmung in Milch und Blutserum von Pferd und Rind und im Blutplasma vom Schwein. Zuchthyg 1986; 21: 241–6.

16. Lotthammer K-H. Milchprogesterontest: Möglichkeiten und Grenzen. DLG-Mitteil 1985; 100: 91–4.

17. Möller R, Holtz W. „Stallgassentests“ im Vergleich – Was leisten die neuen Schnelltestverfahren zur Progesteronbestimmung? Tierzüchter 1989; 41: 156–7.

18. Möller R, Küster J, Landmann D, Holtz W. „Stallgassen“-Progesterontest auf dem Prüfstand. Zuchthyg 1988; 23: 182–3.

19. Nebel R L, Altenrose D L, Munkittrick T W, Sprecher D J, McGilliard M L. Comparisons of eight commercial on-farm milk progesterone tests. Theriogenology 1989; 31: 753–64.

20. Peters G, Schneider F. Vergleich des Hygia-Progesteron-Schnelltests mit einem #3H-RIA. Mh Vet-Med 1992; 47: 429–36.

21. Rattenberger E. Der Milchprogesterontest (MPT): Ein Methodenvergleich aus der Sicht der Routinelabors. Zuchthyg 1985; 20: 169–83.

22. Romagnolo D, Nebel R L. The accuracy of enzyme-linked immunosorbent assay and latex agglutination progesterone test for the validation of estrus and early pregnancy diagnosis in dairy cattle. Theriogenology 1993; 39: 1121–8.

23. Saner R. Felduntersuchung eines Enzym-Immuno-Schnelltests zur Bestimmung des Milchprogesterongehaltes am 21. Trächtigkeitstag. Zuchthyg 1988; 23: 113.

24. Sobiraj A, Arnstadt K-I, Scheibner R, Lehmann B. Vergleich praxisrelevanter Milchprogesteron-Schnelltests mit einer laborgebundenen Routinemethode beim Rind. Tierärztl Prax 1989; 17: 21–5.

25. Sobiraj A, Wollgarten B, Seyrek-Intas K. Stallgassen-Tests: Sind sie besser geworden? Top Agrar 1993; R12–4.

26. Stanley C J, Paris F, Webb A E, Heap R B, Ellis S T, Hamon M, Worsfold A, Booth J M. Use of a new and rapid milk progesterone assay to monitor reproductive activity in the cow. Vet Rec 1986; 118: 664–7.

27. Weber M, Enbergs H, Heermann L. Praktiker prüfen Progesterontests. DLG-Mitteilung 1990; 105: 38–9.

PD Dr. Axel Sobiraj
Ambulatorische und Geburtshilfliche Veterinärklinik der Justus-Liebig-Universität Frankfurter Str. 106
D – 35392 Gießen


1 Wird bis dato nicht in Deutschland vertrieben, wohl aber im europäischen und außereuropäischen Ausland, zum Teil unter anderem Namen (Synonyma: Ovusure rapid tube kit, Genus rapid tube kit, Ovucheck rapid tube kit) [zurück]

2 Herstellung und Vertrieb für Deutschland: biolab, München [zurück]

3 Vertrieb für Deutschland: Paul Hartmann AG, Heidenheim/Brenz (Test war zum Zeitpunkt der Drucklegung nicht mehr im Handel) [zurück]

4 Vertrieb für Deutschland: Fa. Albrecht, Aulendorf/WürttembergText [zurück]

(Tierärztliche Praxis 1995, 23: 32–36)

zurück